Lake Louise

Nach 18 Stunden Busfahrt (erste Ausblicke auf die Rocky Mountains / erster Gedanke: Also so etwas habe ich ja noch nicht gesehen), 4 Stunden Schlaf, 22km / 8 Stunden Wanderung (Pause abgezogen) und einer Dusche bin ich im Hostel in Lake Louise in einen seligen, langen Schlaf gefallen. Da es bei meiner Ankunft in Lake Louise noch zu früh zum einchecken war, schloss ich erstmal mein Gepäck im Hostel ein und machte mich auf den Weg, um den Ort zu erkunden. Dabei musste ich allerdings feststellen, dass Lake Louise nicht wirklich etwas ist, dass man als Ort bezeichnen würde. Jedenfalls nicht nach deutschen Maßstäben. Im Grunde besteht Lake Louise aus einer Landstraße an der das Hostel und noch andere Hotels liegen, zwei Seen und einem Parkplatz, an dem sich eine Bäckerei, ein Visitor Center, eine Poststation, ein Lebensmittelgeschäft,ein Liquor Store, eine Buchhandlung und eine First Nations Art Gallery liegen. Mehr gibt es nicht. Ursprünglich hatte ich vorgehabt, an meinem ersten Tag hier den Ort zu erkunden, um dann am zweiten Tag zum See zu wandern. Der Plan wurde dann hinfällig als ich den „Ort“ gesehen hatte. Daher änderte ich meine Pläne und beschloss ins Visitor Center zu gehen, um mir dort eine Karte mit den besten Wanderwegen für die beiden Seen zu besorgen. Dort angekommen musste ich meine Pläne erneut über den Haufen werfen, da die unfreundliche Dame im Visitor Center (Beruf eindeutig verfehlt! Falls die betreffende Dame das hier liest: Geh mal zur Berufsberatung) mir mitteilte, dass es aufgrund der großen Anzahl an Grizzlybären am Morraine Lake viel zu gefährlich sei, um dort alleine wandern zu gehen und der Bus dorthin mir zu teuer war (25 Dollar! Die spinnen, die Kanadier!). So entschied ich mich meine Wanderambitionen auf den Lake Louise zu beschränken, was ich nicht sooo schlimm fand, da ich vor meiner Ankunft im Hostel, gut vorbereitet wie ich bin, nicht einmal gewusst hatte, dass es den Morraine Lake gibt. Nach einer Stärkung in der Bäckerei machte ich mich also um 10 Uhr morgens auf zum Lake Louise. Die Dame aus dem Visitor Center hatte mir allerdings keine wirkliche Wanderkarte geben können, sondern lediglich einen Schwarzweißausdruck, der aber angeblich alles beinhaltete, was man bräuchte. Das war gelogen. Kleingedruckt auf dem Ausdruck stand erstmal, dass die Karte nicht maßstabsgetreu sei. Macht natürlich Sinn bei einer Karte, dass sie nicht maßstabsgetreu ist. Nach fünf Kilometern im Wald konnte ich dann feststellen, dass die Karte nicht nur nicht maßstabsgetreu war, sondern auch nicht alle Wege zeigte, die existierten. So fand ich mich im Wald an einer Kreuzung wieder, die laut Karte überhaupt nicht existierte. Wäre ja nicht weiter schlimm gewesen, wenn es im Wald Schilder gegeben hätte. Aber wie ich schon auf früheren Wanderungen hatte feststellen können: Mit Schildern haben die Kanadier es nicht so. Aber gut, vielleicht war das ganze auch ein groß angelegter Plan, um die Logik der Wanderer zu testen. Nach einigem Nachdenken entschied ich mich für einen der beiden möglichen Wege, der sich am Ende auch als der richtige herausstellte.

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Nach einer Stunde erreichte ich den Lake Louise, der tatsächlich so grün-blau ist, wie alle Bilder behaupten. Das wussten allerdings offenbar auch die gefühlt hunderttausend anderen Touristen dort.

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Da ich wegen des Schlafmangels doch etwas müde war, beschloss ich anfangs zunächst einmal den Wanderweg um den See herum zu laufen. Dort machte ich das erste Mal die Begegnung mit den vielverfluchten Black Flies. Fazit: Das sind keine Geschöpfe Gottes! Am Ende des Wanderwegs angekommen, entschied ich mich dann noch weiter in die Berge bis zum Tea House zu laufen. Dort kam ich vollkommen nass geschwitzt an und machte erstmal eine Pause mit Blaubeer-Pie. Fazit: Sehr lecker! Trotz Schweiß und Müdigkeit machte ich mich dann noch auf, um die letzten Kilometer bis zum Lookout-Point zu laufen, da ich wusste, dass ich, sollte ich direkt umkehren, mich im Nachhinein ärgern würde. Das Wetter spielte dabei das altbekannte Jacke-anziehen-und-wieder-ausziehen-Spiel. Das letzte Stück war dann nochmal um einiges anstrengender als die vorangehenden Kilometer. Die letzten hundert Meter Geröllstrecke waren so steil und rutschig, dass ich mich teilweise auf allen Vieren fortbewegte. Kurz kam der Gedanke in mir auf, wie ich eigentlich wieder herunter kommen sollte, aber den Gedanken schob ich schnell wieder weg: Eine Sache nach der anderen. Erst nach oben, dann nach unten. Oben angekommen blickte ich voll Stolz nach unten und genoss den Ausblick in die Tiefe. Papa: Du wärst stolz auf mich gewesen. Mama: Du wärst vor Höhenangst wahrscheinlich in Ohnmacht gefallen 😉

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Der Weg abwärts war tatsächlich sehr schwierig und glich eher einer Schlitterpartie als einer Wanderung. Aber ich bin natürlich gut unten angekommen. Auf den letzten Kilometern spürte ich den Abstieg dann in meinen Knien und ich war sehr froh als ich endllich meine wohlverdiente Dusche im Hostel genießen konnte. Zum Abendessen gab es trockene Nudeln, mehr hatte ich nicht mehr und zum Einkaufen hätte ich aufstehen müssen und dafür war ich zu faul.

Fazit des gestrigen Tages: Ich kann auch nach nur 4 Stunden Schlaf 22 km laufen und mein Orientierungssinn ist gar nicht so schlecht, wie ich immer dachte. Ich bin seeehr stolz auf mich!

Heute morgen habe ich dann bis 11 Uhr geschlafen und auf dem Weg zur Küche schon meinen Muskelkater bemerkt. Daher gönne ich mir heute einen Tag Pause, gucke von der Veranda des Hostels aus auf die Berge und schreibe Postkarten. Nachher setze ich mich vielleicht noch an den Fluss hier und gucke dem Wasser zu.

Vor dem Frühstück/Mittagessen bin ich erstmal in das Lebensmittelgeschäft gelaufen, um Butter für mein Brot vom Farmers Market zu kaufen. Dabei habe ich einen Ziegenkäse mit Feigen für nur 5 Dollar gefunden, den ich sofort voller Begeisterung gekauft habe. Nach zwei Monaten Plastikkäse und Gummibrot war das das beste Butterbrot der Welt 🙂

Morgen geht es dann schon weiter nach Banff selber, wo ich hoffentlich endlich die Gelegenheit bekomme, die Landschaft Kanadas vom Pferderücken aus zu bewundern 🙂

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